Der Allrounddilettant


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Wie es begann...



Es war vermutlich wie immer, große Dinge fangen klein an.

Da kam ein Fischer oder ein Handelsschiff nicht mehr rechtzeitig vor der Dunkelheit in den schützenden Hafen. Bestenfalls gab es nur eine Verzögerung bis zum nächsten Morgen. Schlimmer jedoch, wenn durch ein Riff Mannschaft und Schiff verloren gingen. Jemand entzündete ein Feuer um einen sicheren Punkt am Ufer zu markieren - und schon nahm eine Idee den Weg in die Welt.

 

Wer und wann die Feuer zuerst zündeten ist nicht belegt. Belegt ist aber, dass bereits der Hafen von Alexandria rund 1600 Jahre (von ca. 300 vC – 1303) einen Feuerturm auf der vorgelagerten Insel Pharos hatte und den antiken Schiffern den Weg wies. Vielleicht war es auch nur eine gigantische Werbemaßnahme der damaligen Boomtown Alexandria (um es mal mit unseren heutige Worten zu umschreiben). Seht her, wir können das. Dem Osten und dem Mittelmeer gebührt also die Ehre des ersten Turms.

Für das westliche Europa wird allgemein der römische Herkulesturm in Spanien aus dem 2. Jahrhundert als der älteste Turm angenommen. Leuchtfeuer anderer Art wird es wohl auch früher gegeben haben, sind aber nicht geschichtlich verbrieft. Denn für den maritimen Bau (Schiffe und Türme) an den Küsten des Atlantiks waren andere Techniken und Materialien gefordert. So ist es denn nicht verwunderlich, dass sich Schifffahrt und Türme unterschiedlich entwickelten.

 

Während man an Land auf Karten und Zeichnungen Punkte zu Wiederkehr vermerken konnte war dies auf dem Meer in unseren Breiten lange Zeit nicht möglich, Ortsbestimmung auf See unbekannt. Aber Klippen und Kaps waren Marken für die Ewigkeit und so wurden anlässlich der Kreuzzüge die ersten Zeichnungen von Küstenlinien erstellt. Mönche waren hier federführend und so ist denn auch der Begriff der Christlichen Seefahrt auf diese Zeit zurückzuführen. Es wundert somit nicht, dass ersten Leuchttürme hier von Mönchen betrieben wurden, z. B. im katholischen Irland (Hook Head, 5. Jahrhundert), 1190 von den Nonnen von St. Dubhan oder Ende des 15. Jahrh. von einem Eremit auf dem „Cordouan“.

 

Aber nicht alle, die ein Feuer anzündeten, hatten nur Gutes im Sinn. Die „Strandpiraten“ lockten mit ihren Signalen die Schiffe in unsichere Gewässer um sie dort – erst einmal auf Grund gelaufen - auszuplündern. Strandräuber trieben ihr Unwesen vom Mittelalter bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.   

 

Der Erzbischof von Canterburry gründete um ca. 1215 eine Bruderschaft, die sich dem Bau von Leuchttürmen als Orientierungshilfen und der Bekämpfung der Strandräuber verschrieben hatte. Die heutige Organisation „Trinity House“, welche sich den Erhalt und die Pflege der heutigen Leuchttürme in UK zu Aufgabe gemacht hat, hat in dieser Brüderschaft ihre Wurzeln.

 

Aber warum sollte jemand ein Interesse daran haben auf den unwirtlichsten Ecken der Küsten Türme zu erbauen und zu unterhalten? Nun, zunächst war da der „christliche“ Aspekt, ausgehend von den ersten Orden, die Leuchtfeuer unterhielten. Diese, und auch private Interessenten, waren ganz besonders in Frankreich gefragt. Dort lag die Küstensicherung in „staatlicher“ Hand, was schon immer nichts anderes bedeutete, als das sich nichts tat. Man war also auf private Initiativen angewiesen.

Anders im Vereinigten Königreich, hier gab es in der Geschichte große Zwistigkeiten mit Kirchen & Klöstern, auf deren Hilfe konnte man also nicht dauerhaft bauen und somit fiel die Aufgabe privaten Investoren zu. Und diese konnten sich die Hände reiben, kamen doch z. B. an Leuchtturmabgaben pro Turm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu 20.000 Pfd Sterling zusammen. Da rechnete sich über Kurz oder Lang auch ein Bau an der noch so abwegigsten Ecke. Uns „Pharologen“ soll es heute recht sein.

 

Unter den Leuchtturmbauern hat sich ganz besonders die Fam. Stevenson hervorgetan. Zwischen 1811 und 1937 wurden durch Robert, seinen Söhnen Thomas, Alan und David, sowie den Neffen Charles und Alan über 110 Türme allein in UK geschaffen.  Man kann wohl sagen, dass es ohne die Stevensons an den britischen Küsten dunkler aussähe.

 

Von den ersten Feuerkörben am Klippenrand bis zur Quecksilberdampf- oder Halogenbirne hinter einer Fresnel-Linse war es ein weiter Weg. Heute finden wir Türme aus Holz, Stein, verschraubten Gussplatten, Stahlrohrgestellen oder „simplen“ Metallröhren. Wie kommt es zu der Vielfalt an Baustoffen? Dies ist zum größten Teil ihrem Standort geschuldet. Eine „Phare du Four“ vor der bretonischen Küste aus Holz hätte es wohl nicht lange gegeben.

Viele Türme an der deutschen und niederländischen Küste sind aus verschraubten Grußplatten erstellt. Hier wird den Gegebenheiten der wechselnden Umgebung Rechnung getragen. Wind und Strömung sorgten hier bei sandigem Untergrund für entsprechende Verschiebungen zwischen Land & Meer. Das Land wurde an der einen Stelle abgetragen und an anderer wieder angespült. Stand ein Turm gestern noch am Wasser, konnte ein Jahr später eine Sandbank den Turm „verschlucken“ (siehe Rudberg Knude , Dänemark) Da konnte man den Turm auseinanderschrauben und an neuer Stelle wieder kurzfristig errichten (z. B. „Bornrif“ auf Ameland). An der deutschen Küste findet man vielfach Türme in der traditionellen "Backstein-Gotik". Andere Türme blieben wie und wo sie geschaffen wurden, Klippen ändern sich nicht so schnell.


Trotzdem waren und sind Leuchttürme immer ein Ort von Veränderungen. Immer wieder neue Befeuerungssysteme trugen ihren Teil bis zur heutigen Automatisierung bei. Und jedes Mal war es die neueste Technik der Zeit die zum Einsatz kam, um Leuchtkraft zu erhöhen und Leuchtweiten zu vergrößern. Wir werden das Gefühl vermutlich nicht nachempfinden können, welches Auswanderer beschlich, wenn sie am Anfang ihrer Atlantik-Querung die letzten leuchtenden Finger des alten Europas sahen.


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